Metaphern und Infos

Mediation, eine Methode des Heute?

Mediation

Die Geschichte der Mediation reicht zurück in die Antike. In den Schriften der Philosophen (Platon und Aristoteles) ging es im Fokus um Fragen des Gemeinwohls und des Interessenausgleiches. Es begann ein Entwicklungsprozess der humanitären und friedvollen Konfliktlösung.

 

Vermittler hatten bereits in der Antike eine besondere Rolle und wurden bereits in den damaligen Schriftrollen beschrieben.  Oft wurden Persönlichkeiten mit hohem Ansehen als Vermittler eingesetzt. Allerdings beeinflussen diese die Entscheidungsfindung aktiv und inhaltsorientiert.

 

Die heutige Mediation ist prozessorientiert ausgerichtet und der Vermittler (Mediator) allparteilich.

 

Seit den siebziger Jahren nun verbreitet sich die Mediation im deutschsprachigen Raum. Nebst der “klassischen” Familienmediation haben sich inzwischen weitere Zweige der Mediation etabliert: Wirtschaftmediation, Schulmediation oder Mediation in politischen Kontexten. Mediationsverfahren übernehmen bereits in verschiedenen Gerichtszweigen eine wichtige Funktion.

 

Mediation in Asien

Einen Freund zu behalten ist hier viel wichtiger, als einen Sieg zu erringen.

In Asien haben außergerichtliche Methoden zur Lösung von Konflikten schon traditionell einen hohen Stellenwert in der Gesellschaft. In China ersetzt Mediation nahezu die Justiz bei der Lösung von sozialen, familiären und betrieblichen Konflikten. Der Grund hierfür liegt darin, dass offene Streitigkeiten seit alters her in China soweit möglich vermieden und daher nur im äußersten Fall geschlichtet werden. Die förmliche Anrufung eines Gerichtes wird als Schande empfunden, da sie einen Gesichtsverlust der Beteiligten bedeutet. Die Ursache hierfür liegt in der nach Harmonie strebenden, konfuzianisch geprägten Philosophie der chinesischen Gesellschaft: Lässt sich ein Streit nicht vermeiden, so ist er zumindest friedlich zu schlichten. Dabei wird es in der chinesischen Kultur höher bewertet, einen Kompromiss zu erreichen, als sein persönliches Recht durchzusetzen. Zudem gilt der Ausbruch eines offenen Konfliktes als ein Zeichen mangelnder Bildung. Dieser Harmonie- und Schlichtungsgedanke ist seitdem unangetastet und prägt die chinesische Streitkultur bis in die Gegenwart. So wurde die Mediation als Verfahren zur Streitbeilegung mittlerweile in wichtigen chinesischen Wirtschaftsgesetzen zwingend festgeschrieben.

Auch im japanischen Wirtschaftsleben ist die Schlichtung seit alters her verbreitet und hat eine bis in die Gegenwart anhaltende Tradition. Bemerkenswert ist hierbei die Beobachtung, dass japanische Unternehmen bis heute in großem Umfang auf die Anrufung der staatlichen Gerichte verzichten, was sicher nicht daran liegt, dass dort weniger Konflikte auftreten als beispielsweise in Deutschland. Der Grund hierfür ist in erster Linie in der als ineffektiv empfundenen Zivilgerichtsbarkeit zu finden. Die Lösung von Konflikten wird durch die Mediation wieder in die Eigenverantwortung der Parteien gegeben. Diese können dann neben rechtlichen Aspekten viel besser auch ökonomische und persönliche Gesichtspunkte berücksichtigen und so die bestmögliche Lösung vereinbaren.

Während die westlichen Kulturen besonderen Wert auf das Recht von Individuen legen, wird die Identität in dem asiatischen und orientalischen Kulturkreis durch die Beziehung im sozialen System definiert: Einen Freund zu behalten ist hier viel wichtiger, als einen Sieg zu erringen.

 

Mediation – Made in USA

Die ersten Mediationszentren in den USA wurden von chinesischen Einwanderern eingerichtet. Auch andere Völkergruppen und Religionsgemeinschaften haben in den Vereinigten Staaten ihre Konflikte durch die Mediation gelöst. Erst Ende des 19 Jh. sind die Amerikaner selbst auf diese Form der Streitvermittlung aufmerksam geworden. Inzwischen hat sich in den USA die Mediation als Methode zur Konfliktlösung etabliert und ist sogar teilweise als Vorverfahren zur gerichtlichen Auseinandersetzung gesetzlich vorgeschrieben. Der Verfahrensweg über die Gerichte wird dagegen meist als zu langwierig, kostenintensiv, starr und unpersönlich gesehen.

 

Mediationstradition in Europa

In Europa sind mediative Elemente bei der Lösung von Konflikten bereits seit dem Mittelalter zu finden. So wird in der Einleitung zum Münsteranertext, einem der beiden Vertragswerke des Westfälischen Friedens vom 24.10.1648, ausdrücklich der Mediator Alvise Contarini erwähnt. Erst auf diesen venezianischen Gesandten und Ritter konnten sich alle Konfliktparteien als Vermittler verständigen. Jedoch hatte auch er einen schweren Stand, da er fast fünf Jahre lang zwischen den verfeindeten Parteien vermitteln musste, bis endlich ein Friedensvertrag möglich war.

Vermittlungen und mediative Aussöhnungen unter Ehegatten waren bereits vor der Französischen Revolution bekannt. Und im 19. Jh. wurden in England erste Schlichtungsstellen insbesondere für wirtschaftliche Streitigkeiten geschaffen. Seit Ende der 70er Jahre nimmt die Mediation nun auch im deutschsprachigen Rechtsraum einen immer größeren Stellenwert ein. Zunächst überwiegend zur Vermittlung in Familien- und Scheidungskonflikten eingesetzt, findet die Mediation als Methode zur Konfliktlösung mittlerweile in vielen Bereichen des gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen Lebens mit Erfolg Anwendung. So sind in jüngster Zeit an vielen Schulen Projekte gestartet worden, um Konfliktlotsen als Ansprechpartner für Streitigkeiten unter den Schülern auszubilden. Im Rahmen von Strafverfahren werden Mediatoren beim Täter-Opfer-Ausgleich zur Vermittlung herangezogen. Ebenso bieten sich Großprojekte für eine Mediation an. So wurden beispielsweise Verfahren um den Ausbau des Flughafens Wien und des Frankfurter Flughafens bereits mit Erfolg abgeschlossen. Konzerne wie die Fa. Motorola haben die Mediation als erfolgreiche Form der Konfliktlösung erkannt und in ihren unternehmerischen Alltag integriert. Auch bei dem Verfahren um die Schadensersatzforderungen des Bundes gegen Toll Collect, wegen der Autobahnmaut, sind Mediatoren beteiligt. Nicht zuletzt wurden die massiven religiös-kulturellen Konflikte bei der Auflösung  des ehemaligen Jugoslawiens durch ein Heer von Mediatoren eingedämmt. 

 

Gesellschaftlich betrachtet steckt die Mediation in Deutschland noch in den Kinderschuhen. Noch immer fällt die Entscheidung gegen eine Mediation im Fall von zwischenmenschlichen Konflikten. Wärend in asiatisch-orientalischen Kulturen die Anrufung einer Entscheidungsmacht als Handlung Ungebildeter oder als Gesichtsverlust bewertet wird, ist es in Deutschland eher umgekehrt. Den Anderen zu besiegen wird als potentes Ziel gesehen und nicht die achtende Lösung eines temporären zwischenmenschlichen Problems. 

 

0 Kommentare

Geschichte zum Glück

Vor dreitausend Jahren herrschte in China ein grausamer und selbstsüchtiger Kaiser. Zum Schutz seines riesigen Reiches ließ er eine 6000 Kilometer lange Mauer errichten. Bei dem geforderten Frondienst kamen viele seiner Untertanen ums Leben. 

Zu jener Zeit lebte in China ein alter Bauer, der in der einfachen Welt, die er liebte, nur zwei Dinge sein eigen nannte: seinen einzigen Sohn und sein Pferd. Eines Tages lief ihm das Pferd davon, und so war der Bauer noch ärmer als zuvor. Nachdem die Nachbarn davon gehört hatten, kamen sie herbei, um ihn zu trösten: Was für ein Unglück, dass dein Pferd weggelaufen ist! 

Der alte Mann aber fragte: Woher wollt ihr wissen, dass dies ein Unglück ist?

 

Einige Tage darauf kehrte das Pferd zurück, gefolgt von sechs anderen wilden Pferden, die der Bauer zähmte und in seinen Dienst nahm. Auf diese Weise wurde der Wohlstand des alten Mannes gesteigert. Die Dorfbewohner bemerkten dies und kamen zu ihm und lobten: Was für ein Glück du hast mit deinen sieben Pferden! Der Bauer aber sann eine Weile nach und antwortete: Wie wollt ihr wissen, dass es ein Glück ist? 

 

Am gleichen Nachmittag beschloss der einzige Sohn des alten Bauern, auf einem der wilden Pferde auszureiten. Er wurde jedoch aus dem Sattel geworfen und verletzte sich schwer, so dass er seine Beine nicht mehr brauchen konnte. Da kamen Verwandte und Bekannte und sprachen: Was für ein Unglück, dass dein einziger Sohn nun ein Krüppel geworden ist! Der alte Chinese aber gab zurück: Wieso könnt ihr wissen, dass dies ein Unglück ist? 

 

Am folgenden Tag kamen die Abgesandten des Kaisers in das Dorf und befahlen, dass alle gesunden jungen Männer sich zum Bau der großen Mauer melden müssten. So wurde jeder junge Mann aus der Gegend zur Zwangsarbeit verpflichtet, nur der Sohn des alten Bauern durfte zu Hause bleiben. Da kamen die Ältesten der Stadt zu ihm und priesen ihn: Was für ein Glück du nur hast, dass dein Sohn nicht für den Mauerbau eingezogen wurde! Doch der Bauer sah sie an und meinte: Was gibt euch die Sicherheit, dass dies ein Glück ist? 

 

Nun wurden die Stadtväter nachdenklich und fingen an, sich zu beraten. Nach einem Tag kehrten sie zum alten Bauern zurück und teilten ihm mit: Wir haben eingesehen, dass du der weiseste Mann in ganz China bist. Wir würden es deshalb als großes Glück ansehen, wenn du unser Gemeindevorsteher würdest. Ein letztes Mal fragte der alte Mann: Woher wollt ihr wissen, dass dies ein großes Glück wäre? Mit diesen Worten lehnte er das hohe Amt ab, denn er kannte das Geheimnis des Glücks!

 Diese Fassung wurde gefunden im WEB. Sie stammt aus Beat Imhof: Wahrheit & Weisheit, S. 84, Rothus Verlag, Solothurn 1995

 

 

9 Kommentare

Die zwei Wölfe!

Eines Abends erzählte ein alter Cherokee-Indianer seinem Enkelsohn am Lagerfeuer von einem Kampf, der in jedem Menschen tobt.  
Er sagte: „Mein Sohn, der Kampf wird von zwei Wölfen ausgefochten, die in jedem von uns wohnen.“
Einer ist böse. Er ist der Zorn, der Neid, die Eifersucht, die Sorgen, der Schmerz, die Gier, die Arroganz, das Selbstmitleid, die Schuld, die Vorurteile, die Minderwertigkeitsgefühle, die Lügen, der falsche Stolz und das Ego.

Der andere ist gut. Er ist die Freude, der Friede, die Liebe, die Hoffnung, die Heiterkeit, die Demut, die Güte, das Wohlwollen, die Zuneigung, die Großzügigkeit, die Aufrichtigkeit, das Mitgefühl und der Glaube.

Der Enkel dachte einige Zeit über die Worte seines Großvaters nach, und fragte dann:

Welcher der beiden Wölfe gewinnt?

Der alte Cherokee antwortete: „Der, den du fütterst.“

0 Kommentare

Narben im Baum

Die Mitglieder des Stammes beschweren sich über einen unbändigen und respektlosen Jungen. Da nimmt der Häuptling sich des Jungen an und schenkt ihm eine junge einjährige Birke und verlangt, die Birke einzupflanzen und sich 6 Monate lang um die Birke zu bemühen.

 

Nach 6 Monaten zeigt der Junge die gut gewachsene und gepflegte Birke. Dann gab der Häuptling dem Jungen einen Behälter mit Metallstiften und sagt: Jedes Mal, wenn Du einen der Unseren beleidigst oder demütigst, treibst du einen Stift in die junge Birke Aber pflege sie weiter gut, so dass sie nicht zu Grunde geht.

 

In den ersten drei Wochen waren alle Stifte aus dem Behälter verbraucht und der Häuptling gab ihm weiter Stifte. Da dem jungen Krieger die Verletzungen des Baumes immer offensichtlich waren, denn an jeder Stelle, wo ein Stift eingeschlagen wurde, harzte diese, wurde er besonnener und nach weiteren 6 Monaten trieb er keinen einzigen Stift mehr in die junge Birke. Er ging voller Stolz zum Häuptling.

 

Dieser ging mit ihm zur Birke. Betrachtet in aller Ruhe diese und sagte: Jeden Tag, an dem Du besonnen bleibst und keinen Streit anfachst oder Brüder beleidigst, nimmst Du einen Stift aus der Birke. Komm erst wieder zu mir, wenn kein Stift mehr in der Birke ist. Pflege Sie weiter, so dass sie nicht zu Grunde geht.

 

Nach einigen Monaten kommt der Junge zum Häuptling und teilt mit, dass kein Stift mehr den Baum stecke.

Da ging der Häuptling mit dem Jungen zur Birke und sagte: Schau, obwohl Du alle Stifte entfernt hast, weil du mit der Zeit besonnener wurdest, werden Narben von jedem Stift bleiben. Trotz Deiner Pflege und Liebe für den Baum. Und wenn er 100 Jahre alt wird, die Narben werden ewig bleiben und sichtbar sein.

 

So wie der Baum Verletzungen erfuhr, erfährt die Seele von uns Verletzungen nur sehen wir sie nicht. Was die Stifte dem Baum angetan haben, richten Worte und Taten bei der Seele an. Also, mein junger Krieger, um wie viel prächtiger wäre wohl der Baum, wenn er kein Erlebnis mit einem Stift gehabt hätte.  

0 Kommentare

Sprung im Krug

In einem kleinen Dorf „Yangshuo“ in der Nähe des Li-Flusses, lebte einmal eine alte chinesische Frau, die im ganzen Dorf bekannt war. Die Leute amüsierten sich über die alte Frau. Sie hatte zwei große Krüge, die von den Enden einer Stange hingen, welche sie über ihren Schultern trug.

Eine der Krüge jedoch hatte einen kräftigen Sprung, während der andere makellos war und stets eine volle Portion Wasser fasste. Jeden Tag – ob Schnee oder brütende Hitze – ging die alte Frau zum Fluss, um Wasser für sich und die Familie zu holen. Am Ende der langen Wanderung vom Fluss zum Haus im Dorf war der eine Krug randvoll gefüllt mit dem frischen Flusswasser und der andere jedoch immer nur noch halb voll.

Jahr um Jahr geschah dies täglich: die alte Frau brachte immer nur anderthalb mit Wasser gefüllte Krüge mit nach Hause. Dies führte dazu, dass sich die Menschen im Dorf und auch die Familie über dieses Verhalten wunderten. Vor allem, weil ausreichend neue, unversehrte Krüge zum Wassertragen in der Familie zur Verfügung standen.

 

Eines Tage spricht die jüngste der Enkelinnen die alte Frau darauf an. „Warum gehst Du mit diesem kaputten Krug das Wasser holen, wenn wir doch ganze Krüge besitzen. Merkst Du nicht, wie sich die Leute im Dorf über Dein Verhalten amüsieren?
Die alte Frau lächelte und sagt: „Ist dir schon einmal aufgefallen, dass auf der einen Wegseite - mit dem kaputten Krug - Blumen blühen, aber auf der Seite des anderen Kruges nicht? Ich habe auf dieser Seite des Weges den Blumensamen gesät, den ich immer in meiner Tasche habe, weil ich mir des Fehlers bewusst war.“


„Und so gießt der Krug mit dem Sprung die Blumen jeden Tag, wenn ich nach Hause laufe. Jeden Tag pflücke ich die wunderschönsten Blumen und schmücke den Tisch und die Stube damit. Jeden Tag strahlst Du und die anderen Familienmitglieder über die Blumenbracht und oft genug lobt ihr den wunderschönen Duft.


Wenn der Krug nicht genauso wäre, wie er ist, würde diese Schönheit nicht existieren und unser Haus beehren."


Die Enkelin schaute die Großmutter einen Moment lang nachdenklich an, nahm dann die Hand der Großmutter, küsste sie und mit einem stolzen Lächeln sagte sie: „Ich hoffe, ich besitze irgendwann wenigstens die Hälfte deiner Weisheit.“

 

Fazit.
Es sind die Fehler die wir haben, die das Leben so bunt gestalten. Sei auch Du Dir Deiner Fehler und die der Anderer bewusst und hab immer etwas Blumensamen in der Tasche.

0 Kommentare

Glücksuche

Ein junger König der sich unglücklich fühlte, machte sich auf den Weg „glücklich“ zu werden. Viele Jahre ritt er; zuerst durch das eigene und dann durch fremde Länder, immer auf der Suche „glücklich“ zu werden. Sein Königreich vernachlässigte er mit jedem Jahr mehr und mehr. Wenn Boten aus seinem Land zur Meldung kamen und berichteten, dass sein Land ihren König dringend braucht, verbitterte er ein Stück mehr, weil er nicht glücklich und zufrieden war.

Viele Jahrzehnte zogen ins Land und als die Kräfte des Königs schwanden, befahl er  seinen Begleitern: „Bringt mich nach Hause!“

Nachdem sein Zug nach mehreren Monaten sein Land wieder betraten und auf den verwilderten und kaputten Wegen in Richtung des königlichen Schlosses ritten, kamen Sie an einer Tränke für die Pferde vorbei und machten rast.

An der Tränke saß ein alter Mann und strahlte glücklich und zufrieden die Ankömmlinge an. Der König, der das Strahlen des alten Mannes sah, befahl den Alten zu sich zu holen.

Als der alte Mann im Zelt des Königs saß, fragte der König: „Was tust du, um so glücklich und zufrieden zu sein? Ich wäre es auch gerne und dabei suche ich seit vielen, vielen Jahren in allen Herren Ländern danach.“

Der Alte antwortete mit mildem Lächeln: „Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ich und wenn ich esse, dann esse ich.“

Der König schaute etwas verwirrt den alten Mann an. Dann platzte es aus ihm heraus: „Alter Mann, wenn Dir Dein Leben lieb ist, treibe keinen Spott mit mir. Was du sagst, tun ich und jeder meiner Gefolgsleute auch. Wir schlafen, essen und gehen. Aber wir sind nicht glücklich. Was also, ist wirklich dein Geheimnis?“

Der alte Mann schaute mit ruhigen Augen den König an und antwortete erneut: Wenn ich liege, dann liege ich. Wenn ich aufstehe, dann stehe ich auf. Wenn ich gehe, dann gehe ist und wenn ich esse, dann esse ich. Die Unruhe und die aufsteigende Wut des Königs spürend, fügte der alte Mann nach einer Weile hinzu:

„Sicher, mein König, liegt auch Ihr und Ihr geht auch und Ihr esst. Aber während Ihr liegt, sind Eure Gedanken schon beim Aufstehen. Während Ihr aufsteht, überlegt Ihr wohin Ihr geht und während Ihr geht, fragt Ihr Euch, was Ihr essen werdet. So sind Eure Gedanken ständig woanders und nicht da, wo Ihr gerade seid.

Ihr müsst wissen mein König, in der Schnittstelle zwischen Vergangenheit und Zukunft findet das eigentliche Leben statt. Lasst Euch auf diesen nicht messbaren Augenblick ganz ein und Ihr habt die Chance, wirklich glücklich und zufrieden zu sein.“

 

0 Kommentare

Eintagsfliegenphilosophie

An einem warmen Sommertag hatte die Eintagsfliege um die Krone eines alten Baumes getanzt, gesungen, geschwebt und sich maßlos glücklich gefühlt und als das kleine Geschöpf einen Augenblick in stiller Glückseligkeit auf den großen, frischen Blättern ausruhte, sprach der Baum zu ihr: „Arme Kleine! Nur ein Tag währt dein ganzes Leben! Oh, wie kurz dies ist! Es stimmt mich sehr traurig!”
 Traurig?” erwiderte in froher Stimmung die Eintagsfliege, „was meinst du damit? Alles ist so herrlich, so bunt, so warm und schön, und ich selbst bin maßlos glücklich!” Mit trauriger Stimme erwidert der Baum:  „Aber nur einen Tag, und dann ist alles vorbei!”-

Vorbei?” fragt die Eintagsfliege, „was ist vorbei? Bist du auch vorbei?”  „Nein“, antwortet der Baum, „ich lebe vielleicht Tausende von deinen Tagen, und meine Tage sind ganze Jahreszeiten! Das ist etwas so Langes, dass du es gar nicht ausrechnen kannst!”

„Nein, sagt die Eintagsfliege, „denn ich verstehe dich nicht! Du bist Tausende von meinen Tagen, aber ich habe Tausende von Augenblicken, in denen ich froh und glücklich sein kann! Hört denn alle Herrlichkeit dieser Welt auf, wenn du einmal stirbst?”
“Nein”, sagte der Baum, “die währt gewiss länger, unendlich viel länger, als ich denken kann!”

“Aber dann haben wir ja gleich viel, nur dass wir verschieden rechnen!”

0 Kommentare

Auf dem respektvollen Weg zum Markt

Ein Vater reitet auf einem Esel und neben ihm läuft sein kleiner Sohn. Gemeinsam sind sie auf dem Weg in die Stadt. Sie wollen Tuch kaufen damit sie daraus Kleider nähen können. Es ist sehr heiß und es rührt sich kein Luftzug.  Als sie gemeinsam an einem Dorf vor der Stad vorbei kommen sehen sie Frauen beim Wasserholen am Brunnen. Da sagt eine der Frauen empört: “Schaut euch den Alten an. Sitzt auf dem Esel obwohl er gut zu Fuß sein kann und lässt seinen kleinen Jungen neben dem Esel herlaufen. Wo ist der Respekt vor dem Schwachen?”

Der Vater ist irritiert, steigt vom Esel ab und setzt seinen Sohn auf den Esel. Dann nimmt er den Esel bei der Leine und sie gehen weiter ihres Weges. Nach einem weiteren Stück des Weges kommen sie an einem Platz vorbei, an dem im Schatten einige Alte miteinander diskutieren, als einer von ihnen ruft:  “Nun schaut euch die beiden an. Der Sohn sitzt wie ein Pascha auf dem Esel und der alte Mann muss laufen, wo ist der Respekt vor dem Alter?“

Nun setzt sich der – erneut irritierte - Vater zu seinem Sohn auf den Esel. Doch nach einer gewissen Zeit des gemeinsamen Rittes, treffen sie endlich in der Stadt ein. Als sie so durch die Gassen reiten ruft ein Stadtbewohner empört: “Jetzt schaut euch die Beiden an. Solche Tierquälerei, sitzen die beiden mit ihrem ganzen Gewicht auf dem armen Tier und das bei der Hitze. Wo ist der Respekt vor diesem armen Wesen?”

 

Zum weiteren Male irritiert, nimmt der Vater seinen Sohn vom Esel und steigt ebenfalls ab. Nunmehr laufen sie neben dem Esel her.  Als sie durch die Straßen der Stadt Richtung Markt ziehen, treffen sie auf Esseltreiber, die ihre Herde zum Markt bringen, um sie dort zu verkaufen. Als sie Vater und Sohn schwitzend neben dem Esel hergehend sehen, sagt einer zu den Anderen belustigt: “Wie kann man nur so blöd sein. Wozu habt ihr einen Esel, wenn ihr ihn nicht nutzt. Wo ist der Respekt vor eurer Würde?”

 

Der Vater geht resigniert zum Markt. Verkauft den Esel, kauft Stoffe – so viel wie er und sein Sohn tragen können – aber immer noch zu wenig um über die Zeit zu kommen und geht nach Zuhause.
Fazit: Wir können es nie allen Menschen Recht machen, gleichgültig wie sehr wir uns auch anstrengen. Deshalb macht es auch keinen Sinn, sich zu fragen, ob andere das gut finden, was wir tun, wie wir handeln oder was wir tragen. Wir müssen selbst entscheiden, was für uns richtig oder falsch oder gut ist.

15 Kommentare

Das schönste Herz

Eines Tages stand ein junger Mann mitten auf dem Marktplatz umgeben von vielen gut besuchten Marktständen und ruft mit voller Inbrunst, dass er das schönste Herz der Stadt, ja sogar des Landes habe. Eine große Menschenmenge versammelte sich und sie alle bewunderten sein Herz, denn es war perfekt. Es gab keinen Fleck oder Fehler in ihm. Ja, sie alle gaben ihm recht, es war wirklich das schönste Herz, was sie je gesehen hatten. Der junge Mann wurde immer stolzer durch die lobenden Worte der Menschen, die das Herz mit den Augen bewunderten und prahlte lauter und lauter über sein schönes Herz. 

Plötzlich tauchte ein alter Mann aus der Menge auf und sagte: "Nun, dein Herz ist nicht mal annähernd so schön wie meines." Die Menschenmenge und der junge Mann schauten auf das Herz des alten Mannes. Es schlug kräftig, aber es war voller Narben, es hatte Stellen, wo Stücke entfernt und durch andere ersetzt worden waren. Aber die ersetzten Stücke passten nicht richtig und es gab einige ausgefranste Ecken und beulige Formen. Darüber hinaus  waren tiefe Furchen an einigen Stellen zu entdecken, wo ganze Teile fehlten. Die Leute starrten ihn an und fragten sich, wie kann er behaupten, sein Herz sei schöner und blickten wieder auf das makellose Herz des jungen Mannes. 

Der junge Mann der lange genug auf das Herz des alten Mannes geschaut dessen Zustand wertend betrachtet hatte, lachte lauthals. "Du musst scherzen", sagte er, "dein Herz mit meinem wunderbaren zu vergleichen. Meines ist perfekt und deines ist ein Durcheinander aus Narben, Kratern, Fetzen und Tränen." 

"Ja", sagte der alte Mann, "deines sieht perfekt aus, aber ich würde niemals mit dir tauschen. Jede Narbe steht für einen Menschen, dem ich meine Liebe gegeben habe. Wenn ich liebe schenke, reiße ich ein Stück meines Herzens heraus und reiche es ihnen und oft geben sie mir ein Stück ihres Herzens, das in die leere Stelle meines Herzens einfließt. Aber weil die Stücke nicht genau sind, habe ich einige raue Kanten, die ich sehr schätze, denn sie erinnern mich an die Liebe, die wir teilten. Manchmal habe ich auch ein Stück meines Herzens gegeben, ohne dass mir der Andere ein Stück seines Herzens zurück gegeben hat. Das sind die leeren Furchen.

 

Liebe geben heißt manchmal auch, ein Risiko einzugehen. Auch wenn diese Furchen schmerzhaft sind, bleiben sie offen und auch sie erinnern mich an die Liebe, die ich für diese Menschen empfinde. Und ich hoffe, dass sie eines Tages zurück kehren und den Platz ausfüllen werden. Erkennst du jetzt, was wahre Schönheit ist?" Der junge Mann stand still da und Tränen rannten über seine Wangen. Er ging auf den alten Mann zu, griff nach seinem perfekten, jungen und schönen Herzen und riss ein Stück heraus. Er bot es dem alten Mann mit zitternden Händen an. Der alte Mann nahm das Angebot an, setzte es in sein Herz. Er nahm dann ein Stück seines alten, vernarbten Herzens und füllte damit die Wunde am Herzen des jungen Mannes. Es passte nicht perfekt, da es einige ausgefranste Ränder hatte. Der junge Mann sah sein Herz an, nicht mehr perfekt, aber schöner als je zuvor, denn er spürte die Liebe des alten Mannes in sein Herz fließen. Sie umarmten sich und gingen weg, Seite an Seite. 

4 Kommentare

Neujahrsvorsatz

Pflöcke, die begrenzen.

Alle Jahre wieder stehen wir vor der zwanghaften Erklärung zum kommenden Jahr: Der gute Vorsatz. „Keine Zigarette mehr, weniger Alkohol, Körpercheck beim Arzt, mehr Sport, weniger Süßes usw.“.

Am Abend, es war einer der richtig schlechten Novemberabende im Dezember: 6 Grad warm und Regen. Da las ich einem kleinen Buch eine Geschichte von Jorge Bucay.

Diese gebe ich Euch auszugsweise wieder:

 

Als ich ein kleiner Junge war, war ich vollkommen vom Zirkus fasziniert, und am meisten gefielen mir die Tiere. Vor allem der Elefant hatte es mir angetan. Wie ich später erfuhr, ist er das Lieblingstier vieler Kinder. Während der Zirkusvorstellung stellte das riesige Tier sein ungeheures Gewicht, seine eindrucksvolle Größe und seine Kraft zur Schau. Nach der Vorstellung aber und auch in der Zeit kurz vor seinem Auftritt blieb der Elefant immer am Fuß an einen kleinen Pflock angekettet. Der Pflock war allerdings nichts weiter als ein winziges Stück Holz, das kaum ein paar Zentimeter tief in der Erde steckte. Und obwohl die Kette mächtig und schwer war, stand für mich ganz außer Zweifel, dass ein Tier, das die Kraft hatte, einen Baum mit samt der Wurzel auszureißen, sich mit Leichtigkeit von einem solchen Pflock befreien und fliehen konnte.

Dieses Rätsel beschäftigt mich bis heute. Was hält ihn zurück?

Warum macht er sich nicht auf und davon? Als Sechs- oder auch als Siebenjähriger vertraute ich noch auf die Weisheit der Erwachsenen. Also fragte ich einen Lehrer, einen Vater oder Onkel nach dem Rätsel des Elefanten. Einer von ihnen erklärte mir, der Elefant mache sich nicht aus dem Staub, weil er dressiert sei.

Meine nächste Frage lag auf der Hand: „Und wenn er dressiert ist, warum muss er dann noch angekettet werden?“.

Ich erinnere mich nicht, je eine schlüssige Antwort darauf bekommen zu haben….

 

Vor einigen Jahren fand ich heraus, dass zu meinem Glück doch schon jemand weise genug gewesen war, die Antwort auf die Frage zu finden:

Der Zirkuselefant flieht nicht, da er schon seit frühester Kindheit an einen solchen Pflock gekettet ist.

Ich schloss die Augen und stellte mir den wehrlosen neu geborenen Elefanten am Pflock vor. Ich war mir sicher, dass er in diesem Moment schubst, zieht und schwitzt und sich zu befreien versucht. Und trotz aller Anstrengung gelingt es ihm nicht, weil dieser Pflock zu fest in der Erde steckt. Ich stelle mir vor, dass er erschöpft einschläft und es am nächsten Tag wieder (versucht), und am nächsten...

Bis eines Tages, eines für seine Zukunft verhängnisvollen Tages, das Tier seine Ohnmacht akzeptiert und sich in sein Schicksal fügt. Dieser riesige, mächtige Elefant, den wir aus dem Zirkus kennen, flieht nicht, weil der Ärmste glaubt, dass er es nicht kann. Allzu tief hat sich die Erinnerung daran, wie ohnmächtig er sich kurz nach seiner Geburt gefühlt hat, in sein Gedächtnis eingebrannt. Und das Schlimme dabei ist, dass er diese Erinnerung nie wieder ernsthaft hinterfragt hat. Nie wieder hat er versucht, seine Kraft auf die Probe zu stellen.

Ich stellte mir die Frage, welche Pflöcke mich bisher in meinem Leben gebunden haben und das vielleicht nur, weil ich zur falschen Zeit versucht habe, mich loszureißen. Nicht der Pflock ist zu mächtig, sondern es war nicht der richtige Moment. Und so bleibe ich begrenzt, gebunden, gefangen.

Daher ist mein Vorsatz ein scheinbar einfacher, jedoch herausfordernder. Ich werde mich auf die Suche meiner Pflöcke machen und schauen, ob nicht jetzt der richtige Moment ist oder er erkennbar kommt. Ich möchte freier werden von kindlich sozialen Begrenzungen, Ängsten und/oder Sorgen.

Euch, meinen Lieben, wünsche ich für das kommende Jahr, dass Ihr zumindest an Euren Pflöcken rüttelt und vielleicht einen lösen könnt.

Also dann: Raus mit dem Pflock.